GRÜNDUNG UND GEGENWART DER REPUBLIK CHINA
Zum hundertsten Jahrestag der Revolution von 1911
Vortrag vor dem Chinesischen Frauenverein in Süddeutschland, 05.02.2011
Prof. Dr. Dr. h. c. Gottfried-Karl Kindermann
Universität München
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
am 10. Oktober dieses Jahres wird es 100 Jahre her sein, dass in China eine demokratische Revolution ausbrach. Die regierende mandschurische Qing-Dynastie wurde gestürzt. Es entstand Ostasiens erste demokratische Republik – die Republik China.
Dieses Ereignis hat bis heute nachwirkende Folgen. Doch wie ist es dazu gekommen?
In einer Zeit, in der die industrielle Revolution in Europa die Expansion der europäischen Industriemächte in Asien und Afrika bewirkte, war China zu einem Hauptziel dieser imperialistischen Expansion geworden.
Der notorische Opiumkrieg der Engländer gegen China 1840-42 hatte vor aller Welt die Schwäche und Hilflosigkeit der Qing-Dynastie enthüllt. Das Resultat waren weitere Kriege Englands, Frankreichs und Japans gegen China und Russlands Erpressung, durch die China riesige Gebiete verloren gingen.
Die sogenannten „ungleichen Verträge“ mit den fremden Mächten wirkten alle zum Vorteil der Europäer und zum Nachteil der Chinesen. 1897 nahm das Deutsche Kaiserreich Jiaozhou, denn es wollte ein deutsches Hongkong. „Zum Ausgleich“, wie es hieß, nahm sich Russland die Liaotung-Halbinsel an der Südspitze der Mandschurei. Doch mit dem Vorwand, ein „Gleichgewicht der Mächte“ in Nordchina zu erhalten, reagierte England mit der Besetzung von Wei-Hai-Wei.
Da Frankreich auch einen Gewinn haben wollte, besetzte es Kwangchow Wan in der Nähe seiner Kolonie in Vietnam. England aber erklärte, Kwangchow Wan sei in Südchina, nicht in Nordchina. Daher brauche England auch eine Kompensation in Südchina, und die Engländer besetzten die New Territories, das agrarische Hinterland von Hongkong.
Das heißt, innerhalb weniger Monate verlor ein schuld- und hilfloses China fünf wertvolle Hafengebiete an die auf Kosten Chinas konkurrierenden industriellen Großmächte. Eine wachsende Anzahl von Chinesen begann, die Unhaltbarkeit dieser Situation zu erkennen.
Gewiss, einzelne Staatsmänner oder Gelehrte, wie zum Beispiel Kang Yu-wei oder auch der junge Kaiser Kuang Hsü, versuchten, Abhilfe durch Reformen zu schaffen, doch sie alle scheiterten an der Unbeweglichkeit der Qing-Dynastie.
In dieser Zeit reiste ein junger Mann, der 1866 in Choy-hung (Guandong) geborene Sun Yat-sen, nach Hawaii, wohin ihn sein dorthin ausgewanderter Bruder zum Studium eingeladen hatte. Hier studierte er an anglikanischen Colleges insbesondere Geschichte und die englische Sprache und perfektionierte seine vielfältigen Kenntnisse durch Studien in London und Tokio.
Anschließend begann er in Hongkong mit dem Studium westlicher und chinesischer Medizin. Doch tief bewegt vom tragischen Schicksal Chinas begann er, Li Hung-chang, dem mächtigsten Staatsmann der Qing-Dynastie, Reformvorschläge zu unterbreiten. Doch er erhielt keine Antwort.
Aber der Boxer-Aufstand von 1900 und dessen Unterdrückung durch die Industriemächte hatten die Situation drastisch verschlechtert. So entstand in Sun Yat-sen die Überzeugung, nur eine Revolution könne die Erstarrung der Lage durchbrechen. Im Gründungsdokument seiner ersten revolutionären Organisation, der Hsing-Chung-Hui (24.11.1894) heißt es unter anderem,
China, früher einmal ein glanzvolles, geachtetes Reich, sei schwach geworden und werde in der internationalen Staatenfamilie verachtet. Fremde Mächte raubten Chinas reiche Bodenschätze und planten sogar ein e Aufteilung ganz Chinas unter den Mächten. Es gelte jetzt, mit der Hilfe weit blickender und mutiger Patrioten, eine Wiedergeburt Chinas zu bewirken.
In einer späteren Rede an der Universität Hongkong erzählte Sun Yat-sen, die Idee, Revolution zu machen, sei ihm erstmals in Hongkong gekommen. Denn in seinem Heimatort, nur 80 Kilometer von Hongkong entfernt, hätte es Schmutz, Mangel an Hygiene, Unsicherheit wegen des Räuberunwesens, Willkür und Beamtenkorruption gegeben, während er in Hongkong erstmals eine Stadt mit Sauberkeit, Hygiene, öffentlicher Ordnung und Rechtsstaatlichkeit erlebt habe. Diese Lebensqualität von Hongkong wolle er auf ganz China übertragen.
1905, im Jahr des sensationellen japanischen Sieges über Russland, gründet Sun Yat-sen in Tokio, und somit im Exil, den Chinesischen Revolutionsbund Chung Kuo Tung Meng Hui. Dessen Eidformel lautet:
„Ich schwöre unter dem Himmel, die mandschurische Qing-Dynastie zu stürzen, eine demokratische Republik zu gründen und eine gerechte Landreform durchzuführen.“
Dieser Revolutionsbund wurde primär von drei sozialen Kräften unterstützt: Erstens von den chinesischen Studenten im Ausland, die dort viele freiheitliche Einrichtungen sahen, die sie auf ihr Heimatland zu übertragen wünschten. Zweitens von den auslandschinesischen Kaufleuten – die Finanziers der Revolutionsbewegung-, die ein starkes China zu ihrem Schutz erhofften. Drittens von den Geheimgesellschaften (Triaden), die die Qing-Dynastie stürzen wollten, um die Ming-Dynastie wieder aufleben zu lassen.
Nach mehreren vergeblichen Versuchen, eine Revolution zu entfachen, löste ein Zwischenfall in Wuchang am 10. Oktober 1911 den Ausbruch der Revolution aus, die sich rasch über zahlreiche Provinzen des Qing-Reiches verbreitete.
Am 29. Dezember 1911 wurde Sun Yat-sen zum Provisorischen Präsidenten der Republik China gewählt. In dieser Funktion proklamierte er am 1. Januar 1912 die Republik China. Am 12. Februar 1912 verkündete ein Edikt der Kaiserin sehr konfuzianisch, dass der Wille des Volkes dem Willen des Himmels entspreche, weshalb China in der Zukunft eine republikanische Verfassung haben solle. Damit hatte die Dynastie friedlich abgedankt.
Ein ernstes Problem bestand jedoch darin, dass die Macht im Norden Chinas in den Händen von Marschall Yüan Shih-kai lag, dem letzten Ministerpräsidenten der Qing-Dynastie, der Chinas beste Armeen kommandierte. In einem Akt bemerkenswerter Selbstlosigkeit hat deshalb Sun Yat-sen diesem Marschall Yüan Shih-kai das Präsidentenamt angeboten, falls Yüan einen Eid auf die republikanisch-demokratische Republik China und ihre Verfassung leiste und hierdurch eine Einheit zwischen Nord- und Südchina hergestellt und Blutvergießen vermieden werden könne. So wurde Yüan Shih-kai am 15. Januar 1912 zum regulären Präsidenten der neu gegründeten Republik China gewählt.
Die erste Verfassung der Republik China enthielt einen ausführlichen Katalog bürgerlicher Freiheitsrechte und gab dem Parlament unter anderem das Recht, über den Staatshaushalt zu entscheiden, Minister zur Befragung vorzuladen und den Präsidenten abzusetzen.
Schwierigkeiten im Parlament gab es, denn nur wenige Abgeordnete waren staatsrechtlich geschult und konnten die parlamentarischen Verfahren kaum verstehen. So war der Parlamentsvorsitzende manchmal aus Verzweiflung dem Selbstmord nahe, weil Anträge oft mehr Stimmen erhielten, als Abgeordnete anwesend waren. Die Erklärung war, dass manche konfuzianische Gentlemen unter den Abgeordneten natürlich für ihren eigenen Antrag stimmten, zusätzlich jedoch auch für gegnerische Anträge, um andere nicht das „Gesicht verlieren“ zu lassen.
Sun Yat-sen hatte seinen Revolutionsbund im August 1912 zu einer neuen Partei, genannt Kuomintang (Nationale Volkspartei), umgeformt. Bei den ersten Parlamentswahlen vom Dezember 1912 und Januar 1913 errang diese Partei unter der Führung ihres begabten Fraktionsführers Sung Chiao-jen einen bedeutenden Wahlsieg.
Deshalb ließ ihn Präsident Yüan Shih-kai zu sich rufen und übereichte ihm ein Portefeuille mit einer Million Gold-Yüan. Sung behielt das Portefeuille, gab aber das Geld zurück. Er wollte sich nicht bestechen und instrumentalisieren lassen. Am 20. März 1913 wurde Sung auf Veranlassung Yüan Shih-kais ermordet.
Als Folge dieses Verbrechens und eines Streits über eine ausländische Anleihe für China brach die sogenannte „zweite Revolution“ aus. Die Kuomintang forderte „die Verteidigung der Demokratie“. Doch wer wollte die Demokratie verteidigen, die nicht einmal von allen Parlamentsabgeordneten verstanden wurde? Und so wurden die 1911/12 siegreichen Revolutionäre 1913 erneut zu politischen Flüchtlingen im Ausland.
Yüan Shih-kai starb 1916 nach vergeblichen Versuchen, sich zum neuen Kaiser von China proklamieren zu lassen. Nach seinem Tod brach in China die politische Anarchie aus. Das Kaisertum war dahin, die Demokratie hatte keine Wurzeln geschlagen, und der starke Diktator (Yüan Shih-kai) war gestorben.
Chinas zentrale Staatsgewalt wurde entmachtet, und das Land löste sich in eine Vielzahl regionaler Militärdiktaturen, der sogenannten „Warlords“ auf, die pausenlos Bürgerkriege miteinander um die Frage führten, wer denn nun der neue Kaiser von China werden solle.
Zumindest gelang es aber Sun Yat-sen und der Kuomintang, in einer der Provinzen Chinas –Guangdong - Fuß zu fassen und dort mit den von Yüan Shih-kai vertriebenen Parlamentariern eine „Nationale Regierung zum Schutz der Verfassung“ zu gründen. Der Absicht Sun Yat-sens entsprechend sollte Guangdong (Kwangtung) zu einem Brückenkopf der Demokratie, zu einer Musterprovinz Chinas und zum Ausgangspunkt eines künftigen nationalrevolutionären Wiedervereinigungsfeldzuges entwickelt werden.
Für die Demokratie am bedeutendsten war aber, dass Sun Yat-sen, der große Gründervater (kuo fu) der Republik, kurz vor seinem Tod in Reden an die Kuomintang und das Volk die Grundlagen seiner demokratischen Weltanschauung (San Min Chu I – Drei Lehren für das Volk) veröffentlichte, deren Inhalt später auch das öffentliche Leben in Taiwan nachhaltig geprägt hat.
Was aber will diese Ideologie des Sunyatsenismus?
1. Demokratischen Nationalismus: Das heißt, der Souverän des Staates ist kein Kaiser und kein Diktator, sondern das demokratisch verfasste Volk. Wichtigste Aufgabe einer nationalen Außenpolitik ist die Befreiung Chinas von den Vorrechten der Kolonialmächte und die Erreichung seiner Gleichberechtigung in der internationalen Staatenfamilie.
2. Schrittweise Demokratisierung: Da die unvorbereitete Einführung der Demokratie versagt hatte, soll die Einführung demokratischer Strukturen und Lebensformen in drei Schritten von unten nach oben stattfinden, vom Landkreis über die Provinz bis zum gesamten Staat. Dazu gehört die Annahme von Sun Yat-sens origineller „Fünf-Gewalten-Verfassung“, die altchinesische und moderne westliche Institutionen zu einer Synthese miteinander verband.
3. Sozialreformen: Im Zentrum steht eine Landreform mit dem Ziel bäuerlichen Privatbesitzes an Land und der Verhinderung der Grundstücksspekulation, insbesondere in den Städten. Auch entwarf Sun Yat-sen in seinem bemerkenswerten Buch „The Industrial Development of China“ den ersten umfassenden (und später vielfach in die Praxis umgesetzten) Plan zur industriellen Entwicklung Chinas.
Sun verwarf den Klassenkampf, den er als „Seuche der Gesellschaft“ bezeichnete, und erstrebte zu dessen Verhinderung eine der Industrialisierung schon vorausgehende Sozialgesetzgebung. Seine Vorstellung von einer gewaltlosen Landreform wurde in Taiwan mit großem Erfolg durchgeführt.
4. Kulturpolitik: Sie strebt die Bewahrung des reichen Kulturerbes und die Verbindung von Elementen der Moderne mit Elementen der Kulturtradition, insbesondere des Konfuzianismus, an. Das schließt die Entwicklung eines modernen Bildungssystems ein.
Als Sun Yat-sen 1925 starb, sagte der vormalige Ministerpräsident Tang Shao-yi:
„Dr. Sun Yat-sen wird das Verdienst zugesprochen werden, die Revolution zu einer wirksamen Kraft geformt und die öffentliche Meinung auf die Seite der demokratischen Bewegung gebracht zu haben. Als große Tatsache seines Lebens wird sein Kampf gegen Despotie und Korruption und für das Recht der Regierten, bei der Regierung mitzubestimmen, bleiben. Indem seine Ideen den Geist der Bevölkerung … erfassen, werden sie zum Ausdruck und zum Aufschrei leidender Millionen … ein Geist, der sich im In- und Ausland fühlbar machen und letzthin Peking in seinen Grundfesten erschüttern wird.“
Nach Sun Yat-sens frühem Tod konnte dieses Programm in China wegen des jahrzehntelangen Bürgerkrieges und des achtjährigen Krieges gegen Japan nicht wirklich umgesetzt werden. Doch diese Ideale der Freiheit, der sozialen Gerechtigkeit und der Wertschätzung der konfuzianischen Kulturtradition wurden mitgenommen, als sich die Regierung der Republik China 1949, kurz nach der Annahme einer demokratischen Verfassung im Jahr 1947, nach Taiwan zurückziehen musste.
Doch in Taiwan, konfrontiert mit der Feindschaft des riesigen maoistischen China, erließ die Regierung eine Reihe von Notstandsgesetzen, die viele bürgerliche Freiheiten auf Eis legten. Hinzu kam, dass ein Großteil des noch auf dem Festland gewählten Parlaments nach Taiwan mitgenommen wurde, wo jahrzehntelang keine gesamte Neuwahl der Parlamentarier möglich war.
Der Durchbruch zur Wiedergeburt der Demokratie in der Republik China kam 1987 mit der historischen Entscheidung des populären Präsidenten und Kuomintang-Führers Chiang Ching-kuo, die Notstandsgesetze aufzuheben und auch die Bildung neuer Parteien zuzulassen.
Das war das freiwillige und gewaltlose Ende der autoritären Notstandsregierung durch deren bisherige Träger. Außerdem nötigte der Oberste Rat der Richter mit einer Entscheidung von 1990 die stark gealterten Abgeordneten des Langen Parlaments nach 42 Jahren zum Rücktritt von ihren Ämtern.
Damit hatte sich auf Taiwan im Zeichen der Demokratie eine stille Revolution vollzogen. Denn die Macht in der Republik China kommt nun nicht mehr von oben, von charismatischen Führern wie Chiang Kai-shek oder von einem ständigen Parlament, sondern von unten aus dem Willen der Wähler, die von Wahl zu Wahl durch ihre Stimmen die Macht neu auf die Parteien verteilen. Das ist das Wesen dieser „stillen Revolution“ auf Taiwan, das im Ausland weithin bestaunt und beachtet wurde.
Es brachte darüber hinaus auch eine ganz wesentliche Aufwertung der Rolle der eingeborenen Taiwaner. Denn die 1949 mit der Regierung Chiang Kai-sheks nach Taiwan gekommenen anderthalb Millionen Festländer waren 42 Jahre danach gealtert, in vielen Fällen nicht mehr am Leben oder nicht mehr fähig, ein Amt aktiv auszufüllen. Und das heißt, dass sich gleichzeitig mit der Demokratisierung auch eine demographische Taiwanisierung der Politik auf Taiwan vollzogen hatte. Symbolisch kam das auch dadurch zum Ausdruck, dass mit Lee Teng-hui erstmals ein Taiwaner Präsident der Republik China auf Taiwan wurde.
In Peking war diese Entwicklung mit Ärger und Sorge beobachtet worden. Als es in Taiwan 1996 erstmals zur direkten Volkswahl des Präsidenten kommen sollte, versuchte Peking diese Wahl durch massive Drohungen und durch Drohmanöver der kommunistischen Streitkräfte vor zwei Häfen Taiwans, Keelung und Kaohsiung, zu beeinflussen. Doch ein beachtlicher Wahlsieg Lee Teng-huis zeigte, dass sich die Taiwaner von den Kommunisten nicht einschüchtern ließen.
Meine Damen und Herren, die „Feuerprobe“ jeder jungen Demokratie ist, ob ein friedlicher und verfassungsgemäßer Übergang von der Regierung einer herrschenden Partei zu einer Regierung der Oppositionspartei möglich ist. Und mit dem Wahlsieg Chen Shui-bians an der Spitze seiner Min Jin Tang oder Demokratischen Fortschrittspartei im Jahr 2000 wurde in Taiwan diese Feuerprobe bestanden.
Vier Jahre später waren die Wahlresultate derartig knapp, dass die Opposition ihre Anerkennung zunächst verweigerte. Es kam zu riesigen Protestdemonstrationen. Der Demokratie auf Taiwan drohte eine echte Krise. Doch der Ausweg, nämlich eine Neuzählung der Stimmen, führte zum fast gleichen Resultat und brachte weitere vier Jahre der Regierung Chen Shui-bians und seiner Partei.
2008 jedoch war es nun wieder die Kuomintang, die mit Ma Ying-jeou an der Spitze einen Erdrutschsieg erringen konnte. Jedoch vor seiner Wahl ist Taiwan zwanzig Jahre lang von 1988 bis 2008 von einheimischen taiwanischen Präsidenten regiert worden. Die unverkennbare Demokratie der Republik China ist insofern auch ein gewisser Gewinn an äußerer Sicherheit, als sie das Interesse und die Sympathie anderer demokratischer Staaten – insbesondere der USA - Taiwan gegenüber erhöht.
So spannt sich der Bogen des Wirkens und der Ideen des Gründervaters Sun Yat-sens von seiner Zeit bis zur Gegenwart der Republik China auf Taiwan. Seine innovative Konzeption der demokratischen Fünf-Gewalten-Verfassung, verankert in der Verfassung von 1947, ist erst in Taiwan als Grundgesetz und Basis der Demokratie in der Republik China zu wirklichem Leben erweckt worden.
Und ebenfalls erst in Taiwan konnte die von Sun Yat-sen konzipierte Art der agrarischen Landreform so effektiv in die Praxis umgesetzt werden, dass die Anzahl der Privatland besitzenden Bauern auf 86 Prozent gesteigert werden konnte. Das prachtvolle Palastmuseum in Taipei symbolisiert die von Sun Yat-sen geforderte Ehrfurcht vor der großen Kulturtradition seines Volkes.
Leider aber wurde verabsäumt, die von Sun Yat-sen vorgeschlagene Gesetzgebung zur Verhinderung der Grundstücksspekulation in Kraft zu setzen, worunter heute viele Wohnung Suchende zu leiden haben.
Nicht nur in Äußerlichkeiten – wie der Fahne, der Nationalhymne, der zahlreichen Sun Yat-sen-Porträts in öffentlichen Räumen und in Straßennamen – manifestiert sich der Einfluss Sun Yat-sens und der ganz frühen Republik China, sondern auch im Geist, in den Formen und in der Praxis heutiger Demokratie und des Systems der Republik China auf Taiwan.
Wenn man Anfang und Gegenwart bedenkt, hat es in einer Feier von hundert Jahren Republik China besonderen Sinn, die Gegenwart auch im Licht der historischen Ausgangsbedingungen und der prägenden Ideen ihres Gründervaters (kuo fu) zu würdigen.
ENDE